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Nachgedacht

Pfarrer

Marc-Albrecht Harms

Lukas 2,8-10: „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht!“

Im Advent schmücken viele von uns ihre Häuser und Wohnungen, um es gemütlich und behaglich zu haben. Das Aufstellen von zahlreichen Lichtern verbreitet eine behagliche Atmosphäre.

Mit diesen Augen lesen wir auch unsere Weihnachtsgeschichte. Allerdings durchzieht ein anderes Thema Jesu Leben von Beginn an, nämlich das Thema der Bedrohung und der Furcht.

Es beginnt damit, dass Josef überlegt, seine Verlobte Maria zu verlassen, als er von der Schwangerschaft hört. Im Traum wird er gerade aufgefordert, bei Maria und dem noch ungeborenen Kind zu bleiben. Er erfährt den Kindsnamen, nämlich Jesus.

Die Hirten auf dem Felde haben Angst, als plötzlich ein helles Licht die Nacht erleuchtet und ein Engel zu ihnen spricht. Herodes befürchtet Konkurrenz und will das Kind töten, dem der Name König beigelegt wird. Als die Bedrohung zu groß wird, flieht die kleine Familie in ein fremdes Land und bleibt dort solange, bis die Gefahr für Leib und Leben vorüber ist. Bedroht ist das Kind, in dem Gott auf die Welt gekommen ist, von Anfang an.

Damit stellt sich die Weihnachtsgeschichte der Realität dieser Welt. Angst lässt sich nicht aus dem Leben verbannen, weil sie von der Evolution in uns hineingelegt worden ist als ein Schutz vor tödlichen Bedrohungen. Wir haben Angst vor Schlangen,

weil unser Unbewusstes verinnerlicht hat, dass diese Tiere giftig sein können. Und wenn wir auf einem Berg zu dicht an die Bergkante gehen, dann meldet sich ein un- ruhiges ängstliches Kribbeln, das uns sagt, jetzt besser einen Schritt zurückzugehen.

Das Leben ist brandgefährlich, deshalb brauchen wir den Schutz der Angst, die uns vor Unbedachtem bewahrt.

Die Weihnachtsgeschichte benennt, was unser Leben bedroht und schwer macht. Sie lässt uns damit aber nicht allein. Die Heilige Familie wird durch göttliche Träume und gute Menschen vor der Katastrophe bewahrt. Und die Engel haben alle Hände voll zu tun, um den Hirten die Angst zu nehmen. In seinem späteren Leben wird Jesus vielen Menschen zusprechen: „Fürchte dich nicht!“ oder „Friede sei mit dir!“. Sie erleben in seiner Gegenwart Geborgenheit und neue Perspektiven.

Der Dichter Reinhold Schneider hat das folgendermaßen beschrieben: „Und in allen Ängsten dieser Zeit ist ein unaussprechliches Heil. Der Weg endet ja nicht, wo wir meinen; der Herr führt durch die Wand hindurch, und am wahren Ende des Weges ist alles gut.“

Eine frohe und gesegnete Advents- und Weihnachtszeit wünscht Ihnen

Marc-Albrecht Harms.